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Mehrtagestour

Südtirol

Wiedersehen

Elf Jahre sind vergangen, seit ich für die Bergbauernhilfe Südtirol bei einem Arbeitseinsatz zwei Wochen auf dem Kasseler-Hof im Mühlwalder Tal auf ca. 1.500 m.ü.M. verbrachte.
Nun folgte ich Gertrauds Einladung und war wieder oben, dieses mal nicht zum Arbeiten, sondern zum Austausch, Wandern und Genießen.

Zu meiner Freude begleitete mich spontan mein Berg-Buddy Andi, der sich weder durch meinen forschen Fahrstil, noch durch nächtlichen Sägeversuche oder meine Fotografierwut abschrecken ließ. Ganz im Gegenteil. Er unterstützte mich beim Fahren durch wertvolle Kommentare, wir teilten paritätisch das Steuer, beim Ablichten war er beinahe so emsig wie ich und bereicherte die Fotoausbeute um wunderbare Panoramabilder. Einzig bei meinen Versuchen, den Mühlwald des nachts abzuholzen, machte er nicht mit.

2 Tage vor unserer Ankunft wüteten schwere Unwetter im Mühlwalder Tal, der sintflutartige Regen löste an den steilen Berghängen den Boden und Muren verschütteten die einzige Bergstraße, die zu den Höfen führt.
Zum Glück war die Straße schon teilweise freigeräumt, so dass wir nach etwas Wartezeit durchfahren konnten.

Manches war so, wie ich es in Erinnerung hatte.
Der Hof, die Landschaft, die Bauern Hilda und Lois, Hildegard und Erich von den Nachbarshöfen. Gertraud, die Bäuerin, ist kaum gealtert, sieht immer noch aus wie vor elf Jahren.
Doch Vieles hat sich auch verändert.
Der Bauer Anton kämpft mit zahlreichen, gesundheitlichen Beschwerden. Sieglinde, die jüngste Tochter von sechs Kindern, ist längst ausgezogen und hat inzwischen drei eigene Kinder. Johannes, der älteste von ihnen, war damals ein Dreikäsehoch von zwei Jahren, inzwischen kann er mir schon fast auf den Kopf spucken.
Erich, Gertrauds ältester Sohn und Erbe des Hofs, starb vor sechs Jahren an einer heimtückischen Krankheit.
Schweine und Kühe gibt es keine mehr, die steilen Wiesen werden von den Nachbarn mitbewirtschaftet.
Am Ende der Bergstraße befindet sich eine riesige Baustelle, auf der sich ein deutscher Milliardär ein gigantisches Glashaus errichtet.

Die vordergründig wild-romantische Idylle täuscht, das Leben dort ist erfüllend, aber auch hart und entbehrungsreich.
Umso bemerkenswerter die Genügsamkeit, Demut und Zufriedenheit, mit der die Bauern trotz vieler Schicksalsschläge ihr arbeitsreiches Leben meistern.
Die Handarbeit und die Hausrezepte haben das Leben auf solchen weltfernen Höfen bis ins letzte Detail geprägt.
Wir verbrachten eine erholsame und unvergessliche Zeit miteinander, durften für ein paar Tage eintauchen in eine scheinbar aus der Zeit gefallene, archaische Welt und teilhaben am einfachen Leben.