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Ausflug

Schramberg – eine Zeitreise

Bei der Rückfahrt vom Besuch bei meinen Kindern rolle ich regelmässig auf einer breiten, hässlichen Schneise durch den Schwarzwald und dabei befällt mich oft der Wunsch, links oder rechts davon durch die Wälder zu streunen. Denn der Schwarzwald hat so viel mehr zu bieten, als diese Schneise. In letzter Zeit werde ich immer öfter vom Pragmatismus geritten. Die kostbare Zeit will genutzt werden, die kostspielige Energie ebenso und der Schwarze Wald will entdeckt werden, auch um dem hinausgepufften CO² einen Mehrwert entgegen zu setzen. Beim Entdecken entsteht Freude, aber keine Liebe. Meine Liebe gehört unverrückbar den kargen, hohen Bergen mit den vielen Steinen und den rauhen Felsen, der kalten Wucht unnahbarer Gletscher. Dort findet die Liebe Raum, dort ist sie immer gut aufgehoben. Doch Seitensprünge in Mittelgebirgswelten sind reizvoll und lohnenswert, vor allem in einer Jahreszeit, in der sich das Hochgebirge aufgrund des verknappten Tageslichts entzieht. Bei der letzten Rückfahrt von Stuttgart an den Bodensee widmete ich den Seitensprung einem ganz besonderen Flecken im Schwarzen Wald. Schramberg bei Rottweil, im Nordschwarzwald gelegen, Geburtsort und Kinderstube meiner Mutter.
„Geboren in Schramberg“ haftet dem Erinnern an meine Mutter ebenso an wie „geborene Rettich“, ihr Mädchenname.
Es bleibt ein Rätsel, warum ich noch nie zuvor Schramberg heimgesucht habe. Jedenfalls drängte sich unvermittelt der Wunsch auf, diesen Besuch nachzuholen. Aufgeregt wie vor einem Blind Date fuhr ich die Serpentinen hinunter und es öffnete sich allmählich der ganze Ausblick auf die Stadt Schramberg im Talkessel der Schiltach.
Die Grösse und Lage der Stadt überraschten und begeisterten mich gleichermaßen. Hatte ich mir den Ort doch viel kleiner vorgestellt.
Während der schönen Rundwanderung um Schramberg über den Paradiesberg und Eselbach kreisten viele Gedanken um die Anfangsjahre meiner Mutter und um die Vorfahren, welche ich nie kennengelernt habe.
Wo hat sie gespielt, wo ging sie zur Schule, wie war das Leben früher in diesem abgelegenen Tal? 
Fragen, auf die ich keine Antworten mehr erhalten werde. Ich füttere die Antworten mit meiner Phantasie, denke mir antwortende Geschichten aus und die Vorstellung, dabei auf den Spuren meiner Mutter zu wandern, wärmt mein Herz.  Everything you can imagine is real.