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Tour

Rotstock / Crap Tgietschen (2.624 m)


Herr S., geschätzter Wanderführer, blies uns nach längerer Pause endlich mal wieder zum Marsch.

Im Laufe der vergangenen Jahre habe ich nun schon viele Bergregionen der Alpen erwandert und
unter Bergfreunden sind wir uns einig: in der Schweiz stehen die schönsten Berggestalten. Bergsüchtige finden dort unerschöpfliche Freudenquellen, jede Region hat ihren speziellen Reiz, ihren eigenen Charakter.
Der Reiz des sagenhaften und mystischen Glarnerland ist jedoch eine kleine Ecke spezieller. Jedes mal, wenn ich durch die Glarner Berge streife, wähne ich mich fast im Land der Trolle und Feen. Gebleichter Karst wechselt mit satt-grünen Gras- und Moorlandschaften, Lichtblicke zerreissen wabernde Nebelschwaden, verträumte Seelein betten sich unter schroffen Felswänden, rauschende Wasserfälle verwandeln sich in mäandernde Bergbäche, Kristallsteine glitzern zwischen grün schimmernde Schieferplatten – man bewegt sich hier durch Stoff für Märchenerzähler.

Der Panzerschiessplatz Wichlen allerdings mutete in dieser friedlichen, zauberhaften Berglandschaft ziemlich bizarr an.  Von dort wanderten wir unterhalb einer der höchsten Kletterwände der Ostschweiz – der Vorab-Westwand – und an zahlreichen Wasserfällen vorbei hoch zum Panixerpass (2.407 m). Aufgrund fehlender Aufstiegshilfen und Bergrestaurants war der Weg erfreulicherweise nur spärlich frequentiert. Wir wurden von einer Bergläuferin überholt und trafen zwei etwas merkwürdig aussehende Wanderer, Russen – wie sich später herausstellte – die sich am Panixerpass trafen.
Wir rätselten eine ganze Weile über Sinn und Zweck dieser Zusammenkunft. Mr. Google hatte dann zuhause eine plausible Erklärung parat:
„Die russische Armee unter General Suworow überquerte auf ihrem Rückzug aus dem Glarnerland nach Graubünden den Panixerpass am 6. und 7. Oktober 1799. Die geschwächte Armee erlitt infolge Schnee und Kälte grosse Verluste. Etwa 2000 Soldaten und ebenso viele Lasttiere sowie alle 25 mitgeführten Geschütze gehen bei der Überquerung verloren…“ (Wikipedia)
Vom Panixerpass, wo auch eine Suworow-Gedenktafel angebracht ist,  kletterten wir auf einem unmarkierten Steiglein zum höchsten Punkt, dem Rotstock, auf 2.624 m. Mit uns kletterte leider auch eine Nebelwand, So standen wir ausichtslos auf dem mit einem grossen Steinhaufen markierten Gipfel.
Für den Abstieg liessen wir uns viel Zeit, die Wolken rissen wieder auf und wir konnten ausgiebig den Zauber und die Schönheit der Glarner Bergwelt geniessen.