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Mehrtagestour

Mecklenburg und Ostsee

Mecklenburger Outdoorfestival

Wer fährt schon knapp 1.000 km in den Norden, um ein Outdoorwochenende in Schwerin zu verbringen? Hilde!
Rüdiger lernte ich im Winter in Lappland kennen. Die Einladung ignorierte ich erst mal. Zu weit für ein Wochenende!
Dann dachte ich intensiver darüber nach und mir fiel auf, dass ich den Nordosten Deutschlands überhaupt nicht kenne. Das war die Schlüsselstelle.
Warum nicht Gelegenheiten nutzen? Die Zeit zwischen „Berge mit Schnee“ und „Berge ohne Schnee“ mit Neuentdeckungen ausfüllen. Fremde Menschen treffen, unbekannte Landschaften aufstöbern, sich treiben lassen. Leben im Moment.
Also mache ich mich ziemlich planlos auf die Reise in den Norden.
Ein tolles Wochenende in Schwerin folgt.
Petra aus Hamburg ist auch schon da, als ich eintreffe. Wir machen erst einen kleinen Ausflug zur Reppiner Burg. Es folgen anregende Gespräche mit Gleichgesinnten über Radtechnik, Radtouren, Outdoorequipment und Fernwanderungen. Später am Abend auch über Gott und die Welt.
Am Nachmittag folgt ein hochinteressanter, lebendig vorgetragener Bericht von Sven Marx, der trotz der Diagnose Hirntumor und damit einhergehender Behinderungen einmal um die welt radelte.
Den Tag lassen wir feuchtfröhlich am Lagerfeuer ausklingen.

Am Morgen danach wecken mich höllische Kopfschmerzen, nach dem Frühstück verabschieden wir uns und ich zog mich erst einmal zurück auf eine in der Nähe gelegene Wiese, um meine Wunden zu lecken.
Mit Rüdiger bin ich am Nachmittag nochmal auf einen Stadtbummel durch Schwerin verabredet.
Rüdiger ist ein pfunds Kerl und scheut keine Mühen, mir alle Facetten der tollen Stadt zu zeigen.
Wir schauen vom Kirchturm runter, besuchen das Schloss und andere Sehenswürdigkeiten.
Da auch er nicht ganz fit ist, vertagen wir das Abschlussessen und ich fahre anschliessend weiter zur Insel Poel, wo ich die Nacht erstmal im Auto verbringe.

Schwerin

Insel Poel

In der Wismarer Bucht liegt die 36 Quadratkilometer grosse Insel Poel. Ein paar Dörfer, Rapsfelder, umspült von der Ostsee und erreichbar über einen schmalen Damm von Wismar aus.
Ein Stück alte Zeit und heile Welt.
Nach dem morgendlichen Kaffee mache ich mich auf die Socken, respektive in die Wanderschuhe. Wandere von Kaltendorf an der kleinen Gedenkstätte vorbei, welche an die Tausenden Opfer des Untergangs der „Cap Arcona“ kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert.
Über Schwarzer Busch mit einem Kurhaus aus den 1920-er Jahren geht es auf abwechslungsreichem Weg neben dem Strand nach Timmendorf zum Leuchtturm.
Durch eine Allee von Bäumen verläuft dort ein schmaler Pfad direkt an der Steilküste. Ziemlich schön. Sandig gelbe Wände und Kiesabschnitte wechseln mit Sandstrand.
In der Nähe gibt es auch einen Cämpingplatz, der mir aber nicht gefällt.

Auf gleichem Weg gehe ich zurück zum Auto und fahre weiter nach Wismar.

Wismar

Die altehrwürdige Hansestadt Wismar präsentiert sich mit imposanten Backsteinkirchen, schön restaurierte Giebelhäusern und einem geschäftigen Hafenviertel.
Seit 2002 gehört Wismar zum UNESCO Welterbe.
Ein Bummel durch die Innenstadt ist lohnenswert, die zahlreichen Bilder der sehenswerten Fassaden zeugen davon.
Wismar ist relativ überschaubar, abends fahre ich gleich weiter nach Graal-Müritz, dem Highlight meiner Mecklenburg-Tour. Zufällig entdecke ich einen wunderschönen Campingplatz, wo ich die nächsten 4 Tage mein Lager aufschlage, um von dort aus Fischland und den Darß zu erkunden.

Graal-Müritz/Darß

Sich treiben lassen. Mit dem Wind und gegen den Wind. Nie vorher gesehene Sonnen, die fulminant ins Meer tauchen. Stundenlang mit nackten Füssen durch den warmen Sand und Abkühlen in der erfrischende Brandung. Das nie verebbende Rauschen der Wellen. Ewiger Rhythmus des Lebens. Salz in der Luft und Salz auf der Haut. Herzen im Sand. Sandburgen, Strandkörbe und bunte Drachen in der Luft. Leuchttürme hinter wogenden Dünengebirgen. Morgens um 5 von den Vögeln aus dem Schlaf gepfiffen werden. Im Schlafsack nochmal 2 Runden drehen. Das monotone Klopfen der Regentropfen auf dem Zeltdach. Gedankenverloren und selbstvergessen auf Bernsteinjagd. Zeitlos. Leben im Moment.

Rostock

Es fällt schwer, das Zeltlager im Wald hinter der Ostsee abzubauen. Das trübe Wetter erleichtert die Entscheidung. In der Stadt fällt das Grau nicht so aufs Gemüt. Mit der Fähre von Grosse Düne rüber nach Warnemünde, dem lemminghaften Treiben der Kreuzfahrer nachsinnen.
Dann rein in die Stadt. Rostock, viel Seemannsgarn und Hafenbetrieb.
Lasse mich treiben, erst in den Stadthafen, dann auf den alten Eisbrecher Stephan Jantzen. Namensgebend war der Seemann, Lotsen­kommandeur und Seenotretter Stephan Jantzen (1827-1913).

Dort lasse ich mich führen. Von einem Seemann, der 20 Jahre lang auf dem Eisbrecher seine Arbeit verrichtete. Stundenlang. Sein Enthusiasmus ist mitreissend. Durch die Kajüten des Mannschftsdecks, Kombüsen und Maschinenräume. Faszinierender Maschinenbau. Staunend lasse ich mir die Technik bis ins Detail erklären, verstehe aber nur wenig…eine andere Welt, wie aus der Zeit gefallen. Viel Geschichte. Nach dem letzten Rundblick vom Oberdeck mache ich mich vom Schiff.
Ein kleiner Spaziergang durch Rostocks Innenstadt folgt. Die Hansestadt besticht mit vielen farbenfrohen Giebelhäuser und auffallend gut hergerichteten Hausfassaden.
Ein Besuch der imposanten Marienkirche wird vereitelt durch ein dort stattfindendes Konzert. Genug Stadt für heute, fahre weiter zum Sternberger Seenland.

Auf der Warnow

Direkt am Luckower See, mitten im Naturpark Sternberger Seenland, findet man den idyllischen Campingplatz STERNBERGER SEENLAND.
gleich nach der Ankunft buche ich für den nächsten Tag ein Kajak.
Die Warnow will erkundet werden.
Nach einer geruhsamen Nacht im Zelt geht es am nächstn Morgen bei schönstem Wetter los.
Wir fahren mit dem Hänger bis zur Einlassstelle, von nun an bin ich alleine auf der erstmal gemütlich dahinfliessenden Warnow. Durch idyllische Wiesenlandschaften lasse ich mich treiben, die Stille wird nur ab und zu vom Zetern und Pfeifen der Vögel durchbrochen.
Die eigentliche Ausstiegsstelle an der Brücke verpasse ich mehr oder weniger absichtlich, zu kurz war die Fahrt bis dorthin.
Nun befinde ich mich im Warnower Durchbruchstal, einem Naturareal von urwüchsiger Schönheit, das vor über 200.000 Jahren durch die Weichseleiszeit geprägt wurde.

Die Gletscher schoben damals Erdmassen, Geröll und Gestein vor sich her und schufen eine Endmoränenlandschaft. Durch den ungeheuren Druck der Schmelzwasser auf die Endmoräne, dem sie nicht mehr standhielt, entstand schließlich das Durchbruchstal mit seinen steilen Ufern.

In dem Tal hat sich eine vielfältige Flora und Fauna entwickelt. Hier sind unter anderem Fischotter, Biber, Seeadler, Graureiher, Kormorane und der Eisvogel zu Hause, wachsen seltene Gewächse wie das Deutsche Geißblatt, das Pfeilkraut und eine Vielzahl weiterer Arten.

Was für ein toller Dschungel! Die Paddelei wird teilweise anspruchsvoll, eine abwechslungsreiche Strecke mit Stromschnellen, Stein- und Baumhindernissen und zahlreichen Flusswindungen folgt.
Zum Glück habe ich nichts verlernt und geniesse das Navigieren durch die Hindernisse.

In Eickhoff lande ich an, ein freundlicher Mensch hilft mir das Boot auf die Wiese zu tragen. Kurzer Anruf und 20 Minuten später werde ich wieder abgeholt.

Am Campingplatz baue ich mein Zelt ab und fahre anschliessend wieder nach Schwerin, Rüdiger rief zum Abendessen in seine Gartenlaube. Gerne folge ich der Einladung. Mit interessanten Gesprächen und Störtebekker klönen wir entspannt durch den Abend.

Der Traumtag neigt sich dem Ende!

Eine letzte Nacht in der Gartenlaube und ein langgezogenes Frühstück am Morgen, dann heisst es für mich endgültig Abschied nehmen.
Etwas wehmütig mache ich mich anschliessend auf die lange Fahrt Richtung Süden – immer die herrlichen Eindrücke und Bilder der vergangenen Woche vor Augen.