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Mehrtagestour

Lobhornhütte (1.955 m)

Nach einer zähen, 3-stündigen Fahrt von Wilderswil im Berner Oberlad zurück an den Bodensee, köpfe ich ein Bier und mache es mir am PC gemütlich. Es ist meine Wunschankunftszeit, punkt 19 Uhr.  Im Radio läuft elektronische Musik, DRS 3. Rock Special oder Worldmusic Special wäre mir lieber. Ich lasse es trotzdem laufen, die Mucke eignet sich gut als Background beim Bilder hochladen.
Kurz vor 20 Uhr dann ein Klanggemälde wie nicht von dieser Welt. Es plätschert harmlos vor sich hin wie ein Gebirgsbach und zieht mich raus aus meinen Bilderwelten, hinein in den magischen Sound. Ganze 24 Minuten lang absorbiere ich Sandro Perris „In Another Life„.
Diese Klangwelt scheint wie geschaffen als Untermalung für die vergangenen zwei wunderbar entspannten Tage.  Minimalistisch filigrane Klänge bahnen sich unaufdringlich einen Weg in mein Ohr und entfalten einen entrückten, fast meditativen Zustand.
Würdiger Abschluss einer kurzweiligen Bergtour, welche uns wieder mal die radikale Schöheit der Welt zu Füssen legte.

Zurück auf Los

Karin aus Bern traf ich in Phu im nepalesischen Outback. Wir waren beide allein mit unseren nepalesischen Begleitern unterwegs. In Nar kämpften wir uns nach nach einem Kälteeinbruch und massivem Schneefall durch die Entscheidung, ob wir den Kang La trotz Risiko am nächsten Tag überqueren sollen. Wir überquerten nicht und kamen uns näher. Auch der Thorong La fiel meinem Veto zum Opfer. No risk, more fun. Wir beide waren trotzdem frustriert. Karin fuhr mit dem Jeep zurück und ich lief 30 km durch den Schnee. In Pokhara trafen wir uns wieder. Einer emotionalen Radtour an den Begnas Lake folgte am Ende der letzte, legendärer Abend mit viel Gin Tonic in Pokhara Lakeside.

Unsere Schicksalsbegegnung liegt inzwischen eineinhalb Jahre zurück, doch der Wunsch auf ein Wiedersehen erfüllte sich endlich.

Ins Berner Oberland

Planen mit Karin ist zu meiner Freude wie Planen in Nepal. Entweder es passt, oder man macht es passend.
Wir trafen uns wie verabredet um 12 Uhr (nicht um 10 Uhr, wie befürchtet) am Banhof von Wilderswil, um dann mit dem Postauto nach Saxeten Schulhaus zu fahren. Von dort starteten wir bei schönstem Herbstwetter unsere kurzweilige Wanderung zur Lobhornhütte. Wir hatten viel zu erzählen an diesem Tag – nur auf den steilsten Stücken versagte der Redefluss und liess kurz einem konzentrierten Atmen den Vortritt.
Viele Höhenmeter weiter erreichten wir den Abzweig zum Bällenhöchst, wo wir dann wegen der fortgeschrittenen Zeit auf den Gipfel verzichteten. Nach einer kontemplativen Pause nahmen wir am Fuss der Nordostwand der Sulegg die Traverse durch die abschüssigen Hänge des Tschingels in Angriff. Der Blick auf den Wegverlauf beängstigte, doch letztendlich entpuppte sich die Querung als ziemlich griffiger, gut zu gehender Weg. Nach Überwindung der Felsnase wurde das Gelände gutmütig und das Sulsseewli, die Lobhornhütte und das Berner Dreigestirn rückten ins Blickfeld.
Noch schnell eine Freiluft-Katzenwäsche und schon sassen wir mit Jungfrau-Bier beim Jungfrau-Blick vor der Hütte. Drei Freunde aus Sachsen und ein ungleiches, deutsch-schweizer Paar teilten sich mit uns das leckere Risotto. Bald danach lagen wir in unseren Kojen. Die Lager waren voll, und ich war froh, dass Karin tief und zufrieden schnarchte und ich von nächtlichen Stupsern und vorwurfsvollem Schweigen am nächsten Tag verschont blieb.

Am nächsten Tag liessen wir uns Zeit mit dem Aufbruch, wähnten wir doch nur noch eine kleine Etappe bis zur Grütschalp vor uns.
Noch ein Plausch mit Irene und Talak, dann wanderten wir gemütlich weiter, am Sulsbach entlang zur Alp Suls, stiegen von dort zur Sousegg auf 2140 m.ü.M. hoch und noch etwas höher, zum Fotoshooting mit den Lobhörnern. Über eine grosse Wegschlaufe via Sousböden, über den Chantbach und steil hinunter ins Soustal erreichten wir dann die Alp Sousläger. Von dort erfolgte ein langer Hatscher durch den steilen Spryssewald zur Grütschalp.
Just in time.
Aus der kleinen Etappe wurde dann doch noch eine fast ausgewachsene Tagestour.  Wir fuhren mit der nächsten Seilbahn nach Lauterbrunnen und hatten dort vor dem Anschluss nach Wilderswil gerade noch Zeit für ein Eis.

Karin kam rechtzeitig zu ihrer Geburtstagseinladung und ich schaffte es noch bei Tageslicht nach Hause.

Diese Wanderung wird in der diesjährigen Top-Ten meiner Bergtouren in allen Disziplinen auf Platz 1 landen!