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Mehrtagestour

Historischer Saumweg am Sustenpass

Ein verkehrsgeschichtlicher Sonderfall

Am zweiten Tag wanderte ich auf dem historischen Saumweg in einer überwältigend schönen Gebirgslandschaft. Der alte Fahrweg von 1811 steht den Wanderern zur Verfügung, welche die reizvolle Gegend abseits der Strasse durchstreifen wollen. Das schönste Teilstück des Saumwegs auf Berner Seite führt von Gadmen hinauf zur Postautohaltestelle Steingletscher.
Mit dem Poastauto fuhr ich von der Haltestelle Steingletscher hinunter nach Gadmen. Abseits des motorisierten Verkehrs wanderte ich dann in urtümlicher Natur wieder hinauf und wurde Zeugin alter Passwegbaukunst.

Er sei ein «verkehrsgeschichtlicher Sonderfall», heisst es im Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz über den Sustenpass. Die Querverbindung zwischen den wichtigen Transitrouten über Gotthard und Grimsel hatte als Handelsstrasse einst nur eine untergeordnete Bedeutung. Doch dann kam Napoleon, annektierte das Wallis und unterbrach damit die Route für den Export von Käse aus dem Haslital nach Süden. Die Kantone Bern und Uri forcierten deshalb den Bau einer für damalige Verhältnisse hochmodernen Fahrstrasse über den Susten.
Nach dem Sturz Napoleons blieb das Werk auf Urner Seite unvollendet, weil man dort nun dem Gotthard-Ausbau Priorität einräumte. Erst im 20. Jahrhundert kam die Verbindung erneut aufs Tapet, diesmal aus touristischen Gründen: Im Stil eines amerikanischen Parkways wollte man eine Passstrasse bauen, die «mit der erhabenen Gebirgslandschaft zur Einheit werde». Die Sustenstrasse wurde am Tag ihrer Eröffnung im Herbst 1946 von 15’000 Automobilen befahren – einem Achtel des damals in der Schweiz immatrikulierten Fahrzeugbestands.