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Musikuss Ungereimtes Veranstaltung

Vom Jazz ins Bett

Nach diesem tollen Bergtag dachte ich nicht, dass es noch besser kommen könnte, aber es kam.
Nach ausgiebiger Duschaktion und genüsslich eingeworfenem Steak, machten wir uns mit dezent schwächelnden Gliedern auf den Weg zur Musik. Die Befürchtung, dort umzufallen, erwies sich als unbegründet. Menschenmassen, gemischt von ganz jung bis ziemlich alt, zogen friedlich und gut gelaunt durch die Strassen und Gassen, begleitet von Klängen unterschiedlichster Couleur aus den vielen Kneipen. In der lauen Frühsommernacht tummelten sich munter schnackende Grüppchen in den Strassencafes, der Mond zeichnete darüber eine wunderbar scharfe Sichel an den nachtblauen Himmel. Die ideale Basis für ein Event wie Jazz-Downtown, bei dem man gerne äusserlich trocken und unbeschwert, auch kleidungstechnisch, von Lokal zu Lokal zieht.
Unser erstes Anlaufziel war das ExxTra mit Schwester Gaby.
Ich freute mich riesig, Gaby wieder dabei zu sehen! Seit meiner Geburtstagsfete und Gaby’s anschliessendem, krankheitsbedingtem Ausscheiden im letzten Jahr, habe ich sie nicht mehr zusammen erlebt. Das Publikum und die Band zeigte sich am Anfang noch etwas zurückhaltend, aber was ich zu hören bekam, war gut wie selten zuvor. Anders, ernsthafter und intensiver – nicht nur Gaby mit ihrer neuen Kurzhaarfrisur, die ihr übrigens ausgezeichnet steht – aber durchweg positiv.
Nächste Station war Skin n’Bone im Shamrock, auch die spielten Blues vom Feinsten. Inklusive gab’s noch einen Sitzplatz an der Theke und das heissersehnte Guinness. Und ganz nebenbei wechselte in der Spielpause der Solarlader den Besitzer.
Mit meiner neuen Errungenschaft im Plastebeutel zogen wir weiter zur Stehkuh, in der, wie jedes Jahr, Black Cat Bone ihr Debut gaben. Gut wie immer, obwohl ich die stimmgewaltige Bluesröhre Tanja Telschow vermisste. Und voll wie immer – schön, dass mir mein Kollege einen Barhocker in Guinnessreichweite freimachte.
Die letzte Runde trieb uns dann auf dem Weg zum Parkplatz nochmal zur Schwester, welche inzwischen zur Hochform aufgelaufen war. Ausgelassen und tanzfreudig forderte das Publikum am Schluss 4 Zugaben ein – ein Ende mit Sahnehäubchen.
Sicherlich gab es noch viel andere hörenswerte Musik, z.B. das Konstanzer Gitarrentrio. Dies spielte aber leider etwas abseits unserer Rennstrecke, und soviel Energie gaben die berglahmen Beine einfach nicht mehr her. Ausserdem bin ich nicht die eingefleischte Jazz-Liebhaberin, Blues-Rock ist meine Heimat und deshalb passte das Programm.

Es war einfach ein schöner Abend mit netten Menschen, toller Musik und super Wetter – dem Zehnjährigen von Jazz-Downtown durchaus angemessen und für den Hospiz-Verein sicherlich ein erfreulicher Erfolg.

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Musikuss Ungereimtes Veranstaltung

Juliette And The Licks

Gestern war ich das erste mal im Rohstofflager in Zürich. Dieses entpuppte sich als feine Konzert-Location mit klasse Atmosphäre. Besonders gut gefiel mir unser luftiger Standort während des Konzertes oben auf der Gallerie. Das war fast wie auf dem Berg – erhaben, gute Fernsicht, im Vergleich zu unten wenig Menschen. Nur die Luft war aromatischer. In den Bergen riecht das Gras irgendwie anders.
Aber dann kam sie. Und dann blieb mir die Luft ganz weg. Rockröhre und Energiebündel Juliette Lewis mit ihren Licks brachte in wenigen Minuten das ausverkaufte Lager zum kochen. Wie ein Irrwisch, mit vollem Körpereinsatz und pathetischen Rockposen fetzte das zierliche Mädel über die Bühne – das weibliche Iggy Pop Pendant. Die anfängliche Skepsis wegen der unausgewogenen Abmischung des Sounds konnte dem Tempo auf der Bühne nicht mehr standhalten und ich hab’s nur noch genossen.
Rohstoff Rock, pur und unverdünnt war das – den fantastischen Livequalitäten der Licks zu verdanken. Einfach ein geiles Konzert.

It was only Rock’n Roll but I liked it.

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Mr. John Cale im „Sohm“

Das „Conrad Sohm„, in einer alten Fabrikhalle ausserhalb Dornbirns untergebrachter Nachtclub, in dem schon viele Grössen der Musikszene gastierten, überraschte uns mit absolut angenehmer Atmosphäre und überwiegend jüngerem, bunt gemischtem Publikum. Nicht zu unübersichtlich und nicht zu klein – eine geniale Location für Live-Gigs.
Wenn es ein Konzert den Anfahrtsweg definitiv wert war, dann dieser zweistündige Auftritt von John Cale und seiner Band gestern Abend im Sohm.
Was der grosse, alte Meister der avantgardistischen Musik an seinem 65. Geburtstag dem Gehör zu bieten hatte, war erste Klasse.
Einen ausführlichen Konzertbericht gibt es im „Volksblatt„, der Tageszeitung von Lichtenstein, zu lesen.
Die erste Stunde stand ich direkt vor der Bühne. Mit unheimlicher Intensität und Konzentration begleitete Cale seine Songs mit Gitarre und Keyboard; voller Spannung auch die Wechsel zwischen knallig rockigen und entrückt wirkenden akustischen Stücken.
Ja, alt ist er geworden, der Cale, nicht so seine Ausstrahlung und Stimme, die bei mir immer noch Gänsehaut erzeugt.
Und nein, er war nicht in Geburtstagsfeierlaune. Eigenwillig ignorierte er die „Happy-Birthday“-Rufe aus dem Publikum und nach einem fulminant gespielten, über 10-minütigem „MaryLou“, verliess er nach knappem Abschied die Bühne und und liess sich auch nicht durch kaum enden wollenden Zugabe-Rufe und Klatschorgien seiner Fans zu einer Rückkehr überreden.

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Lez Zeppelin

Lez Zeppelin, in der Presse als stärkste Frauenrockband der Geschichte gelobt, spielten am Freitag Abend im Tuttlinger Rittergarten.
Auf dem Weg dorthin scheuchte uns das Navi in abenteuerlicher Weise 3 mal durch das „Zentrum“ von Tuttlingen, bis wir dann zielgenau einen offiziellen Parkplatz direkt vor dem Rittergarten ergatterten. Die Lokalität ist urig-rustikal; eine Kneipe mit zugehörigem kleinen Saal und Bühne.
Der Laden füllte sich rasch und war zu Beginn des Konzerts rappelvoll.

Als die New Yorker Mädels, die vor kurzem ihre erste Europatournee starteten, um ca. 21 Uhr die Gitarre aufheulen liessen und die Drummerin losnagelte, gab es kein Durchkommen mehr.
Sarah, die Stimme, Helen an den Drums, Jimmy Page alias Steph und Bassistin Lisa entführten das Publikum mit einer gigantischen Show für ca. 2 Stunden zu einer Zeitreise in die Good Old Seventies.
Dem am Anfang neugierig-witzelnden, aus allen Altersklassen und von Glatze bis Mähne zusammengesetzten Publikum, heizten die Damen mit ihrem mächtigen Sound voller Enthusiasmus schnell die Skepsis aus den Köpfen und pure Begeisterung in die Gesichter und Beine.
Drummerin Helen forderte meinen höchsten Respekt, überzeugte mit ihren Soloeinlagen und legte los, als wolle sie die Apokalypse herbeitrommeln; Gitarristin Steph improvisierte mit psychedelischen Riffs wie einst ihr Vorbild Jimmy Page.
Wie ärgerte ich mich, als ich zur Kamera greifen wollte, und stattdessen nur zwei frischgeladene Akkus in meinem Handtaschenchaos fand.
Zum Glück liess sich ein netter Mensch, der hinter mir eifrig am Ablichten war, davon überzeugen, dass meine Frage nach seiner Mailadresse und ein paar Pics kein origineller Anbaggerversuch war, und so kam ich dann noch zu meinen erhofften, nachträglich verschlimmbesserten Konzertbildern. Herzlichen Dank an dieser Stelle an Eugen und Jutta aus Schonach, die gleich am nächsten Tag die Fotos durchs Netz jagten.
Die All-Girls Led Zeppelin Tributband oder „Chicks with Picks“, wie das amerikanische Popmagazin „Spin“ die Band taufte, spielten nah am Original, verliehen den Vorlagen jedoch ihre spezielle, eigene weibliche Note, weit entfernt vom Karaokeeffekt, mit einem „geschlechtsverkehrten Rücksturz in die Rockgeschichte„, so in der „Zeit“ rezensiert.
Auf „Stairways to Heaven“ oder „Whole Lotta Love“ wartete das Publikum vergebens, die Mädels verzichteten kess auf diese Musts, was dem Konzert aber definitiv keinen Abbruch verlieh und durch frenetischen Beifall bestätigt wurde.
Fast taub, ohne Durchblick und mit Tränen in den Augen verliessen wir die Bude nach Ende beinahe fluchtartig, brauchte ich doch selbst fast den ganzen Abend nicht zu rauchen; die Abgase der zahlreichen qualmenden Fans versorgten mich im Überfluss mit dem nötigen Stoff.
Dies war jedoch nur ein klitzekleiner Wermutstropfen dieses tollen Abends, der mit einer ordentlichen Nase voll Frischluft schnell wieder ausgeglichen war.
Keep on rockin‘ Mädels, mehr davon, das war klasse!

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Emilia Torrini

Sass ich neulich im Wartezimmer von Doc Schiessmichtot.
Was es da im Allgemeinen und Speziellen für 10 Öre Eintritt zu schmökern gibt, haut einem nicht grade vom harten Plastestühlchen. Üblicherweise nehm ich zu solchen Events „Zeit“ mit oder Buch. Hatte ich verbaselt. So ganz ohne, fächer ich mich durch „Bild der Frau“, „Stern“, „Goldene Gesundheit“, „Bla“, „Brigitte“ und „Blabla“ durch. Hm. Ganz unten drunter „Spex„. Naja. Endlich was zu lesen. Immerhin, für Wartezimmerverhältnisse fast revolutionär. Ich blätter hin und her, dann bleib ich an der Rezension über Emilia Torrini hängen. Nie zuvor gehört, was ich lese, klingt interessant. Den „Gollum Song“ in Herr der Ringe 2 hat sie gesungen. Aha. Hätte man wissen können. Da werd ich ins Sprechzimmer gerufen. Mist! Nach 1 Stunde schon! Ich hab doch noch gar nicht ausgelesen. Egal, das Heft schlepp ich mit, schliesslich dauerts meistens noch, bis der Guru sich wohlwollend meiner WWchen annimmt. Denkste! Fast ausser Atem, als wenn der Teufel hinter ihm her wär, stolpert er zur Tür rein, fragt nicht „was fehlt Ihnen“ sondern „was lesen Sie da?“ Hm. Nein, auf gar keinen Fall ist die Zeitschrift von ihm. Muss ein Patient vergessen haben. Wir unterhalten uns. Über Musik. Doc Schiessmichtot ist nicht nur passionierter Profinadelstecher sondern auch begeisterter Hobby- Gitarrespieler. Über das Leseangebot in den Praxen. Über dies und über das. Am Ende notiert er sich „Spex abonnieren“.
Gut. Gut, sehr gut.
Hier ist sie, Emilia Torrini. Nein, sie ist NICHT Björk. Aber sie ist Isländerin.