Damals, 2013, im tiefsten Tsum Valley. Wir dachten, wir entdecken ganz weit hinter der Zivilisation paradiesische Welten, die erst 6 Jahre zuvor für den Tourismus geöffnet wurden.
Denkste! Beim Abendspaziergang stand da plötzlich ein Bagger auf einem Strassenabschnitt ohne Anfang und Ende, in the middle of nowhere. Die nächste befahrbare Strasse mindestens 4 Tagesetappen entfernt.
Damals wusste ich noch nicht so viel über Nepal, aber mir schwante einiges. Schon 2012, als wir mit dem Jeep zum Ausgangsort des Langtang-Trekkings fuhren und auf den letzten 30 Kilometern der Strassenzustand aprupt von Schlaglochpiste zu smarter Teerauflage wechselte. Unser Jeep Driver meinte, die Chinesen hätten den Strassenabschnitt finanziert.
Ja, bald wird es möglich sein, mit einem Jeep von Mutkinath zum Thorong-La-Pass zu kommen. Sie bauen bereits die Straße. Die Besitzer der Jeeps und der Lodgen dort werden davon profitieren, aber jene Gasthäuser entlang des Weges, die Mulitreiber und Pferdehändler, die werden ihre Lebensgrundlage verlieren. Die Passüberquerung wird dann zum Instant-Erlebnis, den Thorong-La darf man dann in Zukunft durch Wolken von Staub passieren und mit Heeren reicher, oberflächlicher und gehfauler Touristen teilen.
Der Ausverkauf der letzten Paradiese unserer Welt ist in vollem Gange. Das ist die Richtung, wohin die Entwicklung steuert. In allen Regionen Nepals kann man dies beobachten. Dolpo wird das selbe Schicksal in spätestens 10 Jahren ereilen. Chinesische Unternehmer wollen Nepal zum Luxusreiseparadies umbauen, selbstverständlich nicht zugunsten der nepalesischen Bevölkerung. Es gibt noch einen anderen Grund, Straßen, Tunnels und Brücken zu bauen. Eine Infrastruktur für die erzabbauende Industrie wird geschaffen, um den Raubbau von Gold und Mineralien im Himalaya zu beschleunigen. Die gleiche Praxis wie in Tibet – Bhutan wird folgen. Das ist der Hauptgrund hinter der „Zivilisierungsmaschinerie“.
Die Chinesen werden keine Gewalt anwenden müssen, um Nepals Bodenschätze zu rauben. Die Nepalesen haben jetzt fast überall TVs und Internet, sogar im hohen Himalaya. Sie werden von den Medien konditioniert, die Gier nach materiellem Reichtum und nutzlosen Dingen wird ihnen von den Medien einprogrammiert. Sie sehen die trekkenden Goldesel und sie werden ihr Land bereitwillig aufgeben, in der Hoffnung, einen ähnlichen Standard zu erreichen. Und die starken Nepali werden als perfekte Sklaven in den Minen arbeiten, so, wie sie es jetzt schon tun, in Dubai und anderen arabischen Staaten, für sinnlose Luxusgüter, die von anderen Sklaven erzeugt wurden.
Selbst die einheimischen Trekkingagenturen, Hotels und kleinen Geschäfte in Kathmandu und Pokhara wurden von der chinesischen Konkurrenz teilweise schon verdrängt.
Bei jeder neuen Nepaltour wird mir dieses Dilemma stärker bewusst.
Mein Fazit: Tourismus ist keine nachaltige Lösung und der Wunsch nach sanftem Tourismus bleibt ein Wunsch (-traum).
„Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.“
~ Hans Magnus Enzensberger