Zwei Prinzessinen auf Prinzensuche
Deutschlanddurchquerung 2018. Ich übernachtete auf der Schwäbischen Alb bei einem Bauern in der Maschinenscheune.
Es dräuten schwere Gewitter und ich war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Während ich es mir
zwischen Mähdrescher und Heu gemütlich machte, gesellte sich der Bauer zu zu mir, um mich mit Strom für meine Geräte zu versorgen und noch ein wenig zu plaudern. Woher? Wohin? Warum?
Der gute Mann empfahl mir, unbedingt über den Albtrauf zu gehen, schwärmte von der Schönheit der Landschaft, kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.
Das Gewitter zog vorüber, doch mein Weg wollte einfach nicht über den Albtrauf, da konnte ich das GPS drehen und wenden, wie ich wollte. Aber die Empfehlung war gespeichert, für irgendwann.
Nun, die derzeitigen Lebensumstände machen es möglich, die nähere und erweiterte Heimat zu durchpflügen.
Meine Biwakschachtel setzte mir wieder mal einen Floh ins Ohr: die Burg Hohenzollern. Ich traktierte den Tourenplaner, bis er glühte. Wie es sich gehört, musste das Schmankerl mit einer ordentlichen Portion auf und ab garniert werden.
Geplant, getan. Wir starteten am Parkplatz Stich bei Onstmettingen und folgten dem gut ausgeschilderten Traufgang Zollernburg-Panorama-Weg – Wandervergnügen pur. Die an sich schon reizvolle Landschaft war immer wieder herausgeputzt mit wechselnd gerahmten Aussichten zur Zollernburg.
Vom Zeller Horn aus hatten wir die beste Postkartenperspektive auf die Hohenzollernburg. Ein Platz zum Verweilen.
Danach verliessen wir den Panoramaweg, erst ordentlich runter und dann über schmale Abkürzungspfade steil rauf zur Burg.
Endlich oben angekommen, waren wir nicht mehr zu halten. Da thronte sie stolz direkt über unseren Köpfen und lag doch unschuldig im Dornröschenschlaf. Ausser einem Biker kein Mensch weit und breit. Den Hinweis: „Burgzugang für Besucher aus Gründen untersagt“ ignorierten wir stoisch. Biwakschachtel drückte die Klinke der Burgpforte, die schwere Tür gab nach und schon wir waren drin! Friedlich und völlig gewaltfrei stürmten wir das gewaltige Bollwerk, die imposante Festung liess sich widerstandslos einnehmen.
Wir konnten unser Glück kaum fassen. Zweifel, der spätere Rückzug könnte vor verschlossenem Tor enden, wurden durch unsere Euphorie sofort zerstreut. Fortes fortuna adiuvat. Das wusste schon Virgil. Das Glück hilft den Mutigen.
Wo sich sonst Horden von Touristen auf die Füsse treten, konnten wir völlig ungestört das entvölkerte Burgareal über eine Stunde erkunden. Die Suche nach den Prinzen verlief alledings leider erfolglos. Nicht mal ein Frosch hüpfte uns über den Weg. Nur ein paar versteinerte, ehemalige Regenten genossen regungslos den fürstlichen Tiefblick in die Schwäbischen Niederungen. Wir gesellten uns dazu und verspeisten hungrig unser – in dieser königlichen Umgebung bescheiden anmutendes – Vesper. Burgsatt traten wir schliesslich den Rückzug aus den majestätischen Gemäuern an, denn ein stattlicher Weg wartete noch auf uns. Leider wurde die Pforte zum Schwäbischen Wanderhimmel zwischenzeitlich verschlossen.
Bevor wir auf weitere, dumme Gedanken kommen konnten, eilte uns schon ein Prinz zu Hilfe. Na endlich, es gab ihn also doch! Über die Zugbrücke befreite er die unerschrockenen Prinzessinnen aus ihrem Missgeschick und öffnete mit grossem Schlüssel und gönnerischem Zwinkern das Tor zur Welt. Auf den Kuss hat er großzügig (aus Gründen) verzichtet.
Zutiefst beglückt nahmen wir danach abermals die einmalige Hochebene mit ihren typischen Kalkbuchenwäldern, Wacholderheiden und Blumenwiesen unter die Füsse.
Über Hängender Stein, Schwarze Hand, Raichberg näherten wir uns mit zunehmendem Schneckentempo unserem Ausgangsort.
24 Kilometern und 950 Höhenmetern steckten in den Beinen, als wir müde und zufrieden den Parkplatz Stich erreichten.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wandern sie immer weiter…
Fazit: ich habe mich ein bisschen in die Schwäbische Alb verliebt. Und: wer den Prinzen sucht, wird mit Abenteuer belohnt!