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Tanzboden

Same procedure as every year

Mit den Bergen ist es fast wie mit den Sendungen im TV. Irgendwann widerholt sich alles. Denn genausowenig, wie die Produzenten pausenlos neuen Mist raushauen können, kann ich mir einfach dauernd neue Berge vor die Tür stellen.

Je älter man wird, desto mehr wiederholt sich im Leben. Man meint, fast alles schon zu kennen und ist ständig versucht, Neues zu finden und auszuprobieren. Bis man irgendwann feststellt: das ist Bullshit.
Nichts wiederholt sich. Gar nichts. Der Tanzboden, auf dem ich letztes rumgelaufen bin, ist definitiv nicht der genau gleiche Tanzboden, auf dem ich gestern war. Und das hat jetzt noch nichts mit Demenz zu tun.
Der Schnee ist nicht derselbe, das Wetter ist anders, die Menschen, die Art und Weise, wie ich mich fühle und. Man meint, es sähe alles gleich aus, doch ist es nur das Hirn, was uns da einen Streich spielt.

Nun befinde ich mich also in der Ära der scheinbaren Wiederholungen.
Die Kunst ist, im Bekannten das Neue zu sehen, genauer hinzuschauen, einen anderen Blickwinkel anzunehmen und die feinen Nuancen der Veränderung zu erkennen. Man bewegt sich so immer mehr weg vom Groben hin zum Feinen. Das hat durchaus Qualität. und macht Freude.

Wenn das Wetter, die Lawinen- und Strassenverhältnisse nicht einschätzbar sind, greift man gerne auf Bewährtes zurück und wird zum Wiederholungstäter. Der Tanzboden geht eigentlich immer. Er ist ein Klassiker, vor allem im Winter für Schneeschuhgänger, Skitürler und Winterwanderer. Nicht zu weit, nicht zu hoch, nicht zu anstrengend. Ein Berg für alle Lebenslagen. und bei Zielfindungsstörungen wird er immer gerne aus dem Hut gezaubert.

So auch am letzten Sonntag. Es war ein unentschlossener Tag mit unentschiedenem Wetter. Doch ein Bergkumpel wollte raus und ich wollte an die frische Luft. Beide wollten wir uns bewegen. Genügend Gründe und gute Voraussetzungen, um trotz der miesen Wettervorhersagen gemeinsam dem Tanzboden auf den Rücken zu steigen.

Der Wetterbericht hatte zum Glück wieder mal komplett versagt. Wir starteten in Rieden ohne Schneeschuhe bei strahlendem Sonnenschein. Erst ein Stück weglos durch den Wald, dann weiter mit Schneeschuhen auf dem Wanderweg.
Nach dem Einkehrschwung in der Alp Wirtschaft folgte die Sonne den Wetterprognosen und machte sich vom Acker. Nebel zog hoch. Egal. Den restlichen Weg bis zum Gipfel legten wir in der typischen Tanzbodenwolke zurück. Schnell das Vesper im Zelt weggeputzt und einen kurzen Abstecher zum Gipfelkreuz. Die Kälte trieb uns runter und rein in die warme, aber nicht überfüllte Gaststube.
Eine kleine Aufwärmpause, dann gings bergab.

Toller Neuschnee, zweigeteiltes Wetter, frische Luft, draussen, Bewegung.
Die richtigen Zutaten für eine gute, gelungene Tour.

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Kronberg zum xten

Kronberg von Lehmen

Viele Wege führen nach Rom. Mindestens genau so viel führen zum Kronberg. Mehr oder weniger lang, mehr oder weniger einfach. Wenn man lange genug sucht, findet man einen, den man auch als Vielbewanderte noch nicht gewandert ist.

Von Lehmen führt ein Weg hinauf, der wenig begangen wird, den ich noch nicht kenne und der aufgrund der minimalistischen Kennzeichnung eine Lektion in Wegfindung und einen Hauch von Abenteuer verspricht.

Nach kurzem Telefonat am Abend den Rucksack gepackt und morgens bei dichtem Nebel Sofia am Hähnchenstand eingesammelt.
Der Nebel hält sich zäh bis Berg. Dort reisst er auf und entblösst alle Churfirsten mitsamt dem Alpsteinkönig. Freude!

Wir ziehen ab Lehmen ohne Schneeschuhe los. Unten ist alles grün und braun, die Sonne zeigt sich bleich hinter Dunst. Erst geht es etwas runter, über eine Brücke, dann am spektakulären Leuenfall vorbei, danach durch Wald mehr oder weniger steil nach oben. Bei der Kapelle Ahorn betreten wir kurzzeitig freies Gelände, dann tauchen wir wieder in den Wald ein.
Dort verlieren wir irgendwo den markierten Weg und kommen wieder in freies, nun schnee- und eisbedecktes Gelände. Weglos kraxeln wir einen steilen, verharschten Rücken hoch. Sofia links rum, ich rechts. Oben wollen wir uns treffen, denn dort vermuten wir den rechten Weg. Bingo!
Als wir gleichzeitig oben ankommen, sehen wir schon ein paar Meter weiter die Wegmarkierung. Stufen in den Harsch schlagend kämpfen wir uns zum Hauptweg, der von der Scheideck zum Kronberg führt.
Bis dahin begegnen wir keiner Menschenseele, aber auch auf der Hautroute treffen wir nur eine handvoll Unerschrockene.
Nun wird es tricky. Der Hauptweg ist über weite Strecken total vereist, aber volle Konzentration und geschicktes Eiertanzen bringt uns ohne Kniefall zum Gipfelkreuz. Hier bläst ein Wind und der ist kalt. Die Sonne hüllt sich weiterhin in Schleiern. Kalte Finger und Zehen verkürzen die Pause, rasch machen wir uns bereit auf eine muntere Rutschpartie nach unten.

Als endlich die Erde wieder öfters unter dem Eis zum Vorschein kommt, sind wir sehr erleichtert und munter plappernd stürmen wir leichtfüssig sicher an der Wegabzweigung nach Lehmen vorbei.
Pffft. Einfach kanns jeder. Die Kunst ist: machs einfach kompliziert!
Wir nehmen die nächste Abzweigung Richtung Appenzell. Das ist zwar nicht richtig, aber etwas richtiger wie nach Jakobsbad. Nach Lehmen kommt kein Abzweig mehr, also gehen wildentschlossen weglos und ahnen, dass wir ohne kräftigen Gegenanstieg unser Ziel nicht mehr vor Einbruch der Dämmerung erreichen werden. Und es kommt, wie es kommen muss. Über umgestürzte Bäume und Stacheldraht, durch ein Hochmoor und dann durch Wald ab nach oben. Wie durch ein Wunder treffen wir dort auf ein Kreuz und eine wunderbaren Wegweisung: Lehmen! Nach unten!

Heiter und vergnügt legen wir die letzte, überraschend schöne Wegstrecke zurück und erreichen nach ca. 7 Stunden, 17 km und knapp 1000 hm unser Ziel.
Bei der Rückfahrt in die Dunkelheit sind wir uns einig. Es war eine super Tour!

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Seealpsee

Man könnte auch mal wieder ins Schwimmbad gehen. Oder in die Sauna. Am See spazieren oder faul auf dem Sofa fläzen. Es gäbe viele Möglichkeiten, an einen vernebelten, freien Tag die Zeit zu vertreiben.
Doch ich kann machen was ich will – wenn all die vielfältigen Optionen vor meinem geistigen Auge Revue passiert sind, lande ich am Ende doch wieder irgendwo in den Bergen.
Meine versteinerten Freunde ziehen mich magisch an. Sie sind ein unerschöpflicher Freudenquell.

Der Aufstieg von Wasserauen durchs wilde Hüttentobel ist relativ steil, aber unschwierig. Erst im oberen Teil ist der Weg über die Trappen vereist und spiegelglatt. Zum Glück habe ich vorsichtshalber die Schneeschuhe eingepackt. Die Krallen bringen mich sicher nach oben und über den verharschten Weg am See.

Die Wintersonne steht tief, noch schafft sie es nicht über die Gipfel.
Es ist schattig und kalt, nur wenige Wanderkollegen verirrten sich heute hier rauf.
Da liegt er nun vor mir, halb zugefroren, düster und still.
Wie oft war ich schon hier oben und dennoch wird es nie langweilig. Immer wieder verzaubern mich der See, die angrenzende Seealp und die umliegenden Berge mit anderen Farben und Stimmungen.
Die mystische Winterlandschaft aber hat einen ganz besonderen Reiz

Der Sage nach ist der Seealpsee aus einer Freudenträne Gottes entstanden. Kann ich gut nachvollziehen. Man möchte am liebsten ein paar Freudentränchen hinterhergiessen.

Manchmal braucht es ganz wenig für eine grosse Portion Bergglück.

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NEUJAHR

2019 – das war’s!

Wolle wolle hacke hacke hacke spitze die Drehung!
Bester Anfang in das neue Jahrzeht. Tanzen, tanzen tanzen. Bis in die Puppen. Tanz und Rock’n Roll – ausser Schlafen für mich die einzig akzeptable Art und Weise, den Übergang in ein neues Jahr zu feiern.

Kurzfristig muss ich am Neujahrstag den Dienst einer Kollegin übernehmen. Die Nacht war dafür eigentlich viel zu kurz. Egal. Soll die Kundschaft doch mit dem Vorlieb nehmen, was von mir am Morgen noch übrig ist.

Meine Beine, mein Schädel und überhaupt. Es fühlt sich nichts so an, als könnte es auch nur irgendetwas. Kaffee und Autopilot bringen mich langsam wieder in die Spur.

Dann das. Die Stadt wie leergefegt. Keine Autos, keine Menschen. Nur Müll ziert die Strassen am erwachenden Neujahrstag. Ich fahre meine ersten Kunden an, mache wie üblich einen Loop, um den Wagen in die günstigste Parkposition zu bringen. Da! Am Waldrand eine kleine Gruppe Hundemenschen. Die Gassigeher fühlen sich gestört. Was erlaubt sich dieser Lieferwagen am frühen Neujahrstag hier zu wenden? Dabei bin ich weder Mensch noch Tier über Füße oder Schwanz gefahren. Die Hunde sind vermutlich durch den Krach der Sylvesternacht traumatisiert. Ähnlich wie ich.

Ein männlicher Schrank mault, kommt auf mich zu, lehnt sich an die Schiebetür und versucht so, mich am Öffnen dieser zu hindern. „Haben Sie was an den Ohren oder reden Sie grundsätzlich nicht mit den Leuten?“ Beides. Mein Gehör hat tatsächlich durch stundenlange Beschallung in der vorigen Nacht gelitten. Und mit einem Schrank oder A rede ich grundsätzlich nicht. Wo käme man da hin, wenn man mit jedem A reden würde. Ich habe Dienst und die Zeit ist kostbar. Nur zwei Worte, laut und bestimmt: „weg hier!“ Hildes kleine, innere Kampfsau meldet sich erfolgreich. Sichtlich beeindruckt geht er ein paar Schritte zurück, zückt sein Handy, macht Bilder. „Sie werden noch von mir hören!“
höre ich noch, dann bin ich mit meiner Lieferung schon am Haus. Wtf.
Kein Wunschanfang.
Aber hey. Was juckt es die Eiche, wenn sich die Sau an ihr reibt.

Dann endlich einen Tag frei. Und was macht man, wenn einem nichts besseres mit einem freien Tag einfällt? Na? Man scheißt auf die ganzen selbstherrlichen Welterklärer, Bestimmer, Besserwisser, Gassigeher und geht in die Berge. Dorthin, wo die Freiheit noch (fast) grenzenlos ist. Gedacht, getan. Wir starten in dichtem Nebel und es dauert ein Weilchen, bis wir diesen unter uns lassen. Aber dann! Ein Traumtag erwartet uns. Nach stundenlangem Stapfen durch schönste Winterlandschaften bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel kehren wir heiter und glücklich zurück in die Nebelwelt und die Niederungen des Alltags.

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Stockberg (1.782 m)