Regen bringt Segen oder muh sagte die Kuh
Am zweiten Tag wollte ich von Juf weiter ins Tal hineinlaufen und dann über die Fuorcla de la Valletta zum Leg Columban, weiter über Uf da Flüe und zurück über den Stallerberg.
Eine fast schlaflose Nacht lag hinter mir, ich fühlte mich wie gerädert.
Gewitter und Regen waren erst für den Nachmittag vorhergesagt, also machte ich mich trotz mangelnder Motivation früh auf die Socken.
Das Averstal zeigte sich aber schon am frühen Morgen in den schönsten Grauschattierungen. Kombiniert mit den grünen Berghängen eine wahrlich betörende Farbkomposition.
Nun denn, ich hoffte auf ein spätes Einsetzen des Regens, lief über schönen Wiesenweg ins Tal hinein und stieg linkerhand auf dem steilen Pfad zur Fuorcla. Keine Menschenseele traf ich unterwegs, die Stille wurde nur hin und wieder von den Pfiffen der Murmeltiere durchschnitten.
Eine einzigartige, mystische Stimmung hüllte mich ein.
Oben an der Fuorcla angekommen, bekam meine Kuh-Phobie mal wieder Futter. Blöderweise las ich im Netz einen Wanderbericht über die Tour zur Fuorcla de la Valletta. Darin schrieb die Verfasserin, sie sei am Leg Columban von einer Herde Kühen total aggressiv verfolgt worden. Naja schaumer mal, die werden vielleicht heute nicht da sein, dachte ich. Als ich auf der Fuorcla ankam, hörte ich aber schon von weitem das Kuhglockengebimmel. Dann sah ich sie, zum Glück in gebührender Entfernung, unten bei den Seen. Als ich so dastand und kontemplativ auf den See schaute, erblickte mich eine Kuh, brüllte mich völlig grundlos an und kam im Schweinsgalopp den Berg heraufgerannt, die ganze Herde hinterher. Und wie schnell! Man mag es nicht glauben. Ich hatte grade noch Zeit, über einen schmalen und steilen Felsensteig auf eine kleine Hochfläche zu klettern, in der Hoffnung, daß sie dort nicht hinkommen. Kaum war ich oben, standen sie da schon in ein paar Metern Entfernung und glotzten mich an. Ich quatschte mit ihnen ein paar versöhnliche Worte, zeigte ihnen eine lange Nase, dann verloren sie zum Glück das Interesse an mir, bogen ab und trabten einen anderen Hang hinauf. Puh… war ich froh!
Zwischenzeitlich wurde der Himmel immer dunkler und es fing viel früher als prognostiziert an zu regnen. So verwarf ich den Plan über Uf da Flüe und den Stallerberg abzusteigen und ging den Aufstiegsweg wieder hinunter.
Das war vielleicht etwas voreilig, denn unten rissen die Wolken wieder auf. Aber immerhin war ich so am frühen Abend staufrei schon wieder zuhause.
Am Ende machte ich noch eine kleine Dorfbesichtigung.
Fazit: steiler Aufstieg auf einem gut zu gehenden Zickzackpfad durch mystische Landschaft. Mongolei-Feeling. Muss unbedingt ausgeschlafen wiederholt werden mit Uf da Flüe oder Forcellina.