Christof Jauernig: Gedanken verloren – unthinking
Gestern abend durfte ich mich an der Lesung mit Bildern und Musik von Christof Jauernig in der VHS in Konstanz erfreuen.
Sechzig Minuten lang lauschte ich diesem jungen Mann, der 2015 seinen Job als Banker kündigte, Sicherheiten aufgab, seine Wohnung untervermietete und ein halbes Jahr mit dem Rucksack durch Südostasien zog.
Jauernigs Collage aus Bildern, Musik und Texten ist kein Reisebildervortrag im herkömmlichen Sinn.
Dieser Vortrag ist ein höchstpersönliches Zeugnis vom Aufbruch, einer mutigen Reise zu sich selbst.
Seine Bilder erzählen von einer zeitlosen Schönheit des Moments, von Stille, Demut und Dankbarkeit.
Die Töne der Klavierimprovisationen untermalen das zu Sehende mit betörender Schlichtheit. Meist sind sie einfach da, bewegen sich unaufgeregt zwischen Text und Bild, manchmal hüpfen sie und schlagen filigrane Brücken von Augenblick zu Augenblick.
Seine Texte plätschern dazu, glasklar und unaufdringlich, wie ein Gebirgsbach, nehmen Gedanken mit auf die Reise, schleifen Zwänge und Ängste.
Einfach sein und mit allen Sinnen der Welt lauschen – ein zauberhafter Abend.
Textauszug der VHS:
Vom Analyst, der ging, um die Welt mit dem Herzen zu sehen.
Eine Aufbruchsgeschichte in Worten, Fotografien und Pianoklängen.
Christof Jauernig ist Betriebswirt und arbeitet seit vielen Jahren in Frankfurt am Main als Analyst in einer Unternehmensberatung für Banken, als ihm schleichend die innere Verbindung zu seinem kopflastigen Job und dem rauen, gewinnorientierten Arbeitsumfeld abhandenkommt. Was er tut, erscheint ihm nur noch sinnlos. Den Mut, sich von seinem ihm fremd gewordenen Beruf und dem täglichen Lauf im Hamsterrad zu verabschieden, fasst er jedoch erst, als seine inneren Widerstände übergroß geworden sind.
Bald darauf bricht er zu einer sechsmonatigen Rucksackreise durch Südostasien auf. Sie führt ihn, entlang zauberhafter Natur und eindrucksvoller Begegnungen, in eine neue Verbindung mit der Welt, zurück zu sich selbst, und immer weiter hinaus aus dem Gedankenkarussell, hinein in die Fülle des jetzigen Augenblicks.
Jetzt kommt er für einen Abend in die Volkshochschule Landkreis Konstanz und nimmt seine Gäste mit auf diese Rucksacktour, aber auch auf seinen inneren Weg, heraus aus der Sinnkrise. Zu einer großen Auswahl projizierter Reisefotografien rezitiert er Texte, die unterwegs entstanden sind. Sie erzählen von seiner Reise, aber ebenso vom Hören auf die innere Stimme, dem Ausbrechen aus ungesunden Routinen, der Entmachtung von Intellekt und Wertung, der Wiederentdeckung der von Analyse und Bewertung ungetrübten Schönheit der Welt, und davon, jeden Moment zu würdigen.
Es entfaltet sich eine Melange aus Fotografien, erzählten Reiseszenen und lyrischen Stimmungsbildern, untermalt von seinen eigens hierfür eingespielten Piano-Improvisationen. Ein stimmungsvoller, höchstpersönlicher Abend, der zum Innehalten einlädt und von einer tiefgehenden Fragerunde abgerundet wird.