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Tour

Amatschonjoch (2.028 m)

Komfortwanderung mit Loch im Kopf

Das Brandnertal. Lieblingsdestination meiner alten Bergfreundin Lisbeth – Gott hab sie selig. Was schwärmte die alte Frau vom Brandnertal und vom Lünersee! Als sie selbst nicht mehr wandern konnte, musste ich ihr immer von meinen Touren berichten. Dann holte sie die Karte, oder wenn’s weiter weg war, den Atlas und ging mit mir die Wege im Geiste.
Bei der aktuellen Wanderplanung stellte ich erstaunt fest, dass ich selbst noch nie im Brandnertal war.

Das musste umgehend nachgeholt werden. Schnell den Rucksack gepackt, und gut gelaunt fuhr ich an diesem wunderschönen Sommerdienstag nach Brand.
Von Brand sollte es erst zum Amatschonjoch und nach Bedarf weiter zum Fundelkopf gehen.
Am Parkplatz der Dorfbahn gab es leider keinen freien Parkplatz mehr. Das Auto stellte ich dann etwas hanggeneigt an die Ausfahrt. Als ich von der Beifahrerseite meinen Rucksack rausholen wollte, holte die Türe aus und schlug mir heimtückisch mit voller Wucht ins Gesicht. Kurz sah ich die Sterne, dann fasste ich mir an die Stelle des Aufpralls und spürte, wie warme Flüssigkeit über Hand und Gesicht lief.
Der Rückspiegel zeigte eine klaffende Spalte über meiner rechten Augenbraue und ein blutverschmiertes Gesicht. Kein erfreulicher Anblick.
Die Lust mit Loch im Kopf 1100 Höhenmeter aufzusteigen, war ziemlich gedämpft. Nachdem die Blutung einigermaßen gestoppt war, packte ich ein Pflaster über den Spalt, klebte ein paar Streifen Tape darüber und beschloss, die ersten 500 m hinaufzugondeln.
An der Bergstation angekommen, stieg ich gemächlich bis zur Parpfienzalpe, dann über den Bettlerweg durch das Lorenzitäli.
Herrlich die Alpenrosen und Enzian am Wegesrand. Welch ein Farbtupfer!
Tummelten sich an der Bergstation noch einige Wanderer, tauchte ich nach der Alpe in die Einsamkeit der Berge. Erst weiter oben, als ich auf einem Stein eine Rast einlegte, kam ein Wanderpäärchen mit Hund herauf.
Meine zugepflasterte Stirn erregte wohl ihre Aufmerksamkeit, sie erkundigten sich nach meinem Befinden und boten mir nach kurzem, erklärenden Schwatz an, sicherheitshalber den Weg mit ihnen gemeinsam zu gehen. Da mein Schädel ziemlich brummte, nahm ich dankbar an.
Durch ausgedehnte Latschenfelder, unterhalb erhebender Felsen am Fuße der Südabstürze des Fundelkopfs erreichten wir dann schließlich das Joch.
Bei einem ausgedehnten Vesper schaute ich zwei Gipfelaspiranten im Abstieg vom Fundelkopf zu und ließ genüsslich den Blick hinunter in den Nenzinger Himmel und hinüber aufs Bettlerjoch und den Naafkopf schweifen.
Für den Abstieg wählte ich den Palüdweg. Über eine von Bachrunsen durchzogene Bergflanke führte ein Steig hinunter in einen von Feuchtwiesen geprägten Alpboden. Über diesen hinweg schlendernd, näherte ich mich allmählich einem scharf eingeschnittenen Bachtälchen. Links vom Palüdbach haltend, leitete schließlich ein steiniger Pfad hinab zur Innerpalüdalpe. Der weitere Abstieg über Alpe Melkboden nach Innertal und auf der Straße zurück nach Brand war dann kein Hexenwerk mehr.
Zurück in der Heimat machte ich erst noch einen Abstecher in der Ambulanz und präsentierte dem Arzt meine geschundene Stirn. Nähen konnte er es wegen zu großem, zeitlichem Abstand zwischen dem Anschlag der Türe und meinem Erscheinen nicht mehr.
Aber Kleben, das ging. Ein Hoch auf Dr. Pattex!