Das könnten meine Zweibeiden sein, wenn sie nicht schon aus den Knien rausgewachsen wären. Immerhin sind beide Geminis. Also nicht richtig, die eine im Mai, der andere im Juni, aber jeder für sich ist schon ein rechter Solo-Zwilling. Ach was, zu kompliziert, hier gibts den einfachen mythologischer Hintergrund:
Die Namen der beiden hellsten Sterne, Castor und Pollux, kann man man in der griechischen Mythologie wiederfinden:
Dereinst verführte Zeus Leda, die Gattin des Königs von Sparta, Tyndareos. Um sich Leda nähern zu können, nahm Zeus die Gestalt eines Schwanes an. Leda wurde schwanger und gebar die Zwillinge Castor und Pollux. Zeus war auch der Vater von Helena, der Schwester der Zwillinge. Es handelte sich um dieselbe Helena, die von Paris geraubt und nach Troja gebracht wurde; dies war der Anlaß zum Ausbruch des trojanischen Krieges.
Vom Speer zum Jazz
Unser gestriges Bergziel war der zwischen Toggenburg und Walensee aufragende Gipfel des 1950 m hohen Speer, dem höchsten Nagelfluhbergs Europas.
Nagelfluh: in wesentlich früheren Epochen der Erdgeschichte durch Erosion entstandene Flusskiesel wurden durch Silikate unter dem Druck später sedimentierter Schichten zusammengebacken und bilden den sog. Nagelfluh. Kennzeichen ist die waschbetonartige Zusammensetzung.
Auf mehreren Routen gelangt man dort hin, unsere sollte der Kletterweg über die Nordwestrippe sein. Vom Parkplatz „Mittler Wengi“ stiegen wir über die Obere Rossalp steil bergan bis zum Kettersteig-Einstieg auf 1730 m. Da es letzte Woche nochmal kräftig geschneit hatte, mussten wir dabei einige Schneefelder überqueren.
Am Kletterweg angekommen, zeigte sich der Einstieg schwieriger als gedacht. Der Fels war schneebedeckt und schlüpfrig, ein paar Meter bis zum Drahtseil ausserdem ziemlich ausgesetzt und ungesichert. Wir zogen es vor, erst mal Pause für’s zweite Frühstück einzulegen und einem unerschrockenen Bergburschen beim Abstieg durch die Felsen zuzuschauen.
Unten angekommen, schilderte er uns die Beschaffenheit des Weges als äusserst riskant und er riet uns als erfahrener Alpinist davon ab, den Steig ungesichert zu gehen.
Kein Problem für uns, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Somit trat dann Plan B in Kraft, der hiess „null Plan“. Die Karte lag noch in der Kommode zuhause, da entschieden wir von Wegweiser zu Wegweiser die folgende Route, immer unsere rechtzeitige Rückkehr im Auge, denn wir wollten ja restauriert und gestärkt pünktlich zu Jazz-Downtown wieder in Konstanz sein.
Es gibt seltene Tage im Leben, an denen passiert eigentlich nichts Ungewöhnliches, und doch unterscheiden sie sich bei genauerem Hinsehen durch kleine, feine Details von gewöhnlichen Tagen und schmuggeln sich als kostbare Perlen zwischen die eintönigen Strasssteine der Altages-Kette des Lebens. Gestern war wieder so ein Glückstag.
Der Himmel war blauer, die Luft war frischer und der Berg erhabener. Das Wasser stürzte sich kristallklar, kraftvoll und übermütig den Fels hinunter, die Frühlingsflora reckte sich voll Neugierde und strotzender Energie durch die teilweise noch braunen Wiesen und selbst die Mücken tanzten verspielt durch die warme Bergluft.Es passte einfach alles – was für ein ein wunderbarer Tag!
Vom Jazz ins Bett
Nach diesem tollen Bergtag dachte ich nicht, dass es noch besser kommen könnte, aber es kam.
Nach ausgiebiger Duschaktion und genüsslich eingeworfenem Steak, machten wir uns mit dezent schwächelnden Gliedern auf den Weg zur Musik. Die Befürchtung, dort umzufallen, erwies sich als unbegründet. Menschenmassen, gemischt von ganz jung bis ziemlich alt, zogen friedlich und gut gelaunt durch die Strassen und Gassen, begleitet von Klängen unterschiedlichster Couleur aus den vielen Kneipen. In der lauen Frühsommernacht tummelten sich munter schnackende Grüppchen in den Strassencafes, der Mond zeichnete darüber eine wunderbar scharfe Sichel an den nachtblauen Himmel. Die ideale Basis für ein Event wie Jazz-Downtown, bei dem man gerne äusserlich trocken und unbeschwert, auch kleidungstechnisch, von Lokal zu Lokal zieht.
Unser erstes Anlaufziel war das ExxTra mit Schwester Gaby.
Ich freute mich riesig, Gaby wieder dabei zu sehen! Seit meiner Geburtstagsfete und Gaby’s anschliessendem, krankheitsbedingtem Ausscheiden im letzten Jahr, habe ich sie nicht mehr zusammen erlebt. Das Publikum und die Band zeigte sich am Anfang noch etwas zurückhaltend, aber was ich zu hören bekam, war gut wie selten zuvor. Anders, ernsthafter und intensiver – nicht nur Gaby mit ihrer neuen Kurzhaarfrisur, die ihr übrigens ausgezeichnet steht – aber durchweg positiv.
Nächste Station war Skin n’Bone im Shamrock, auch die spielten Blues vom Feinsten. Inklusive gab’s noch einen Sitzplatz an der Theke und das heissersehnte Guinness. Und ganz nebenbei wechselte in der Spielpause der Solarlader den Besitzer.
Mit meiner neuen Errungenschaft im Plastebeutel zogen wir weiter zur Stehkuh, in der, wie jedes Jahr, Black Cat Bone ihr Debut gaben. Gut wie immer, obwohl ich die stimmgewaltige Bluesröhre Tanja Telschow vermisste. Und voll wie immer – schön, dass mir mein Kollege einen Barhocker in Guinnessreichweite freimachte.
Die letzte Runde trieb uns dann auf dem Weg zum Parkplatz nochmal zur Schwester, welche inzwischen zur Hochform aufgelaufen war. Ausgelassen und tanzfreudig forderte das Publikum am Schluss 4 Zugaben ein – ein Ende mit Sahnehäubchen.
Sicherlich gab es noch viel andere hörenswerte Musik, z.B. das Konstanzer Gitarrentrio. Dies spielte aber leider etwas abseits unserer Rennstrecke, und soviel Energie gaben die berglahmen Beine einfach nicht mehr her. Ausserdem bin ich nicht die eingefleischte Jazz-Liebhaberin, Blues-Rock ist meine Heimat und deshalb passte das Programm.
Es war einfach ein schöner Abend mit netten Menschen, toller Musik und super Wetter – dem Zehnjährigen von Jazz-Downtown durchaus angemessen und für den Hospiz-Verein sicherlich ein erfreulicher Erfolg.
Kapotasana – die Taube
Aus dem „Yoga des Patanjali“ Sutra 30
„Mangelnde Zielstrebigkeit:
entsteht durch die vielen nützlichen Pläne, die man im Kopf hat. Ein Plan, wie nützlich er auch sein mag, ist solange falsch, bis er in die Tat umgesetzt wird. Beginnen wir einen Plan zu verwirklichen, wird er wahr, und die übrigen Pläne verlieren sich oder entwickeln sich entsprechend ihrer Bedeutung weiter. Sobald wir zu handeln beginnen, ändert sich unsere Umgebung zu unserem Vorteil. Solange wir nicht handeln, hat die Umgebung mehr Bedeutung als wir selbst. Wir sollten eine Sache ausführen, die wir für richtig halten. Die Umgebung wird sich selbst danach ausrichten, und es werden keine Konsequenzen entstehen.“
Der Bus
„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.“ Mag ja sein, doch der heutige Theaterabend lief unter dem Motto: „Gehe einfach, wenns am schlimmsten ist.“ Der richtige Zeitpunkt war allerdings schlecht auszumachen, es war eineinhalb Stunden gleich schlimm. Ich wollte einfach nicht mehr ausharren, bis es noch schlimmer kommen würde, so zog ich es vor, in der Pause dem schlimmsten vorzubeugen und das Theater unbeklatscht fluchtartig zu verlassen – ich hab mir wahrhaftig schon viel Theaterunsinn gegönnt, aber das kam bisher noch nie vor.
Der Kultkurier schreibt zum Stück:
DER BUS handelt von einer Busgesellschaft irgendwo in den Bergen. Darunter Erika, eine Pilgerin, die von einem Engel den Auftrag erhalten haben will, am Tag der Heiligen Sophie nach Tschenstochau in Polen zur Schwarzen Madonna zu reisen – denn sonst passiert ein Unglück. Doch Erika ist in den falschen Bus gestiegen und ist nun mit einer illustren Runde von Kurgästen konfrontiert, die nicht nach Polen fahren, sondern auf dem Weg in ein Kurhotel in den Bergen sind. Der Schweizer Autor Lukas Bärfuss zählt zu den wichtigsten Dramatikern der Gegenwart.
Aha. Die Fixerin Erika, welche vom Engel die christliche Botschaft, mit Bekehrung zum Guten inklusive eingeflüstert bekommt, sich aus Versehen – oder Fügung? – in einen mit Dekadenz besetzten Bus verirrt, dessen rüpelhafter Fahrer Hermann droht, sie umzubringen – so weit, so ungut. Fünf Schläge hätten für’s Schauspiel auch gereicht, warum es 30 oder 40 sein mussten…und warum für’s Grabschaufeln 15 Minuten Dreck über die Bühne geworfen werden muss, gepaart mit langatmigen Abhandlungen über die Beschaffenheit des Bodens – der tiefere Sinn blieb mir verborgen.
Eine haarsträubend zusammenkonstruierte Geschichte war das – ausgezeichnet mit dem Mülheimer Theaterpreis, auch das bleibt mir ein Rätsel – vielleicht hab ich auch einfach des Kaiser’s neue Kleider übersehen.
Bleibt zu hoffen, dass die übrigen Aufführungen der Baden-Württembergischen Theatertage das Publikum mehr begeistern.