Heute schaute ich mir dann das Buch über den Yukon Quest an, welches Phil, der Goldschürfer, mir zum Abschied geschenkt hatte. Phil arbeitete den Sommer über auf dem Claim, um das Geld für seine Husky-Touren im Winter zu verdienen. Phil war krebskrank. Ich vergesse nie das Leuchten in seinen Augen, wenn er über den Winter im Yukon erzählte. Es war alles, wofür er lebte und arbeitete. Für mich damals ein grosses Rätsel.
Heute verstehe ich. Alles.
Der letzte Tag in den Tombstones gehörte dem Grizzly Creek Trail.
Bevor wir unsere Siebensachen zusammenpacken konnten, stand erst mal Eiskratzen auf dem Plan. Es hatte nachts mächtig gefroren, Handschuhe leisteten gute Dienste.
Nachdem wir aufgetaut waren und alles startklar war, fuhren wir ein paar Kilometer und machten uns dann auf den Weg, in der Hoffnung, auf diesem Trail noch ein paar Bären oder Caribous zu sichten. Wir trafen zu Anfang 2 Ranger, die mit schwerem Gepäck und Waffen von ihrem Spähmarsch zurückkamen, zwischendrin Schneehühner und Marmots und am Ende ein Päärchen. Die Bären hatten sich wohl gut versteckt – keinen einzigen sichteten wir und auch kein anderes Grosswild. Dafür erlebten wir nochmal die faszinierende Schönheit und Stille einer grossartigen Landschaft.
Eine Nacht im Bunkhaus in Dawson blieb uns noch, bevor wir uns auf den Rückweg nach Whitehorse machten. Am nächsten Morgen besuchten wir nochmals Phil auf seinem claim, um die Boote aufzuladen. Als wir aufkreuzten, war er gerade fleissig mit der Sandwäsche beschäftigt. Wir bekamen noch eine Goldschürf-Gratislektion und nebenbei lüftete sich das Geheimnis um Phil’s Glanz in den Augen, wenn er vom Ende der Saison sprach. Der Winter im Yukon – für mich in der Vorstellung ein Zustand des Ausharrens und Wartens auf das Frühjahr – für Phil die Jahreszeit, wofür er alle Mühen hier auf sich nahm. Die Schlittenhunde warteten in Whitehorse, um dann mit ihm durch die verschneite Landschaft und auf dem zugefrorenen Fluss nach Wölfen Ausschau zu halten. Und wieder war dieses Funkeln in seinen Augen, als er Geschichten vom Yukon Quest erzählte…der Gedanke, im Winter mal hierherzukommen ergriff immer mehr Besitz von mir.
Etwas Wehmut über den nahenden Abschied schlich sich auf der langen Rückfahrt ein. Wir legten noch mal einen kurzen Stopp bei Pelly Crossing ein, wo unser Flussabenteuer begonnen hatte. Beeindruckend, welche Distanz wir mit unseren Kajaks zurückgelegt hatten!
Eine letzte Nacht im Zelt am Lake Laberge blieb uns noch, dann ging es endgültig zurück nach Whitehorse, wo Karen und Dave schon gespannt auf unsere Geschichten warteten. Bei einem Abschiedsessen besiegelten wir unsere Pläne für den nächsten Trip und noch bevor ich noch im Flugzeug sass, überkam mich der Weltschmerz und es begann das Vermissen, von Bernd, der noch zwei weitere Wochen hier verbringen würde, der grossartigen Weite und Stille des Landes und der herzlichen Gastfreundschaft seiner Bewohner.