Eine „Heile Welt“-Wanderung
Mein Wunsch, zum Saisonabschluss eine einwöchige, einfache Genusswanderung zu machen, ging in Erfüllung. Ohne schwergewichtige Planung, einfach aus dem anstrengenden Sommer in den bunten Herbst hineinlaufen und geniessen, mit leichtem Gepäck. Da musste ich bei der sehr kurzfristigen Anfrage, den Lechweg mitzuwandern, nicht lange überlegen. Stand diese Tour doch schon seit drei Jahren auf der Liste und in Form eines Führers im Bergtouren-Regal.
Es nahm dann etwas Zeit in Anspruch, bis die Unterkünfte gebucht waren. Zimmer im höheren Preissegment findet man viele, doch unser Budget war begrenzt. Nach vielen Telefonaten und emails waren dann endlich noch sieben budgetfreundliche Nadeln im Heuhaufen gefunden und es konnte losgehen.
Wir fuhren nach Lech und stellten das Fahrzeug ( 5,-€ für 10 Tage) in der Angergarage ab.
Ein Kaffee beim Italiener und dann gings mit dem Panorama-Wanderbus in einer halben Stunde hinauf zum Formarinsee (1793 m ü. A. ). Für stolze 17,-€ mussten wir uns dick einmummeln und bemützen, der Busfahrer öffnete überflüssigerweise das gesamte Dach des Oberdecks und der Fahrtwind hatte leichte Beute.
Oben angekommen erfreuten wir uns am Blick auf die Freiburger Hütte und den See, der auch als „schönster Platz Österreichs“ bezeichnet wird.
Der Formarinsee bildet sich jedes Jahr von Neuem aus Schmelzwasser, in seiner unmittelbaren Umgebung entspringt der Lech, der uns für eine Woche auf unserer Wanderung berauschen sollte.
Am Lech entlang ging es von nun an bergab, hinunter ins gleichnamige, schöne Dorf Lech, wo wir im Haus Braunarl eine sehr gastfreundliche Nacht verbrachten.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Bus nach Oberlech. Dort befindet sich das unbedingt sehenswerte Lichtraum-Kunstwerk Sky-Space von James Turrell. GROSS-ART-IG!
Eine detaillierte Wegbeschreibung erspare ich mir nun an dieser Stelle. Viele davon gibt es schon im www.
In den folgenden sechs Tagen wanderten wir über Warth (Haus Alpin),
Holzgau (Hof Walch), Elbigenalp (Haus Walch), Vorderhornbach (Bauernhof Scheiber), Ehenbichel (Haus Wei), nach Füssen (Berghof Sichler).
Die Kombination von Wasser und Bergen ist immer faszinierend und oft das besondere Etwas bei einer Tour. Es erwartete uns ein wunderbar abwechslungsreicher Weg, der uns überwiegend am jungen, wilden Lech entlang führte, durch eine der letzten Wildflusslandschaften Europas. Meist ist der Wegverlauf gutmütig und einfach zu gehen, ab und zu ist aber etwas Trittsicherheit im abschüssigen Gelände von Vorteil.
Manchmel entfernten wir uns vom Fluss, um über schmale Pfade einen Bergrücken zu erklimmen und dann von hoch oben in die vom Lech gegrabene Schlucht hinunterzublicken.
Und manchmal entfernten wir uns vom Fluss, um in einem einladenden Gartenlokal einheimischen Köstlichkeiten zu geniessen und den leiblichen Genüssen zu frönen.
Wir erlebten die Menschen im Lechtal als liebenswürdig und sehr gastfreundlich, die schmucken Dörfer und die schmackhafte Tiroler Küche begeisterten uns. Für meinen Geschmack fehlte eine Prise Abenteuer, doch man kann halt nicht alles haben und über ein Defizit an Abenteuer kann ich dieses Jahr bisher nicht klagen.
Ausserdem hatten wir grosses Glück mit dem Wetter. Der vorhergesagte Sturm blies nachts nur wenige Stunden und der Kälteeinbruch hielt sich in Grenzen. Die Schneegrenze lag über uns, es flockte zwar etwas um uns herum, doch zur Freude der Fotografin wurden nur die Berggipfel geweisselt.
Allerdings mussten wir am Ende kurz vor Füssen am Alpsee einige Umwege in Kauf nehmen, weil dort der Sturm etliche Bäume gefällt hatte und die Wanderwege deshalb gesperrt waren.
Wäre da nicht diese Wirtin gewesen, die uns beim Schnapstrinken ihren FPÖ-Sticker präsentierte, hätte ich mich auf diesem spektakulär schönfriedlichen Wanderweg beinahe in einer heilen Welt geglaubt und alles Elend unserer absurden Zeit vergessen.