Kategorien

Bergell

13.-16.5.2010

Just a perfect day

Das Hotel San Lorenzo im malerischen Chiavenna hatte wohl schon schlechtere Tage gesehen. Von aussen eher schlicht, entpuppten sich nach Bezug des Zimmers die inneren Werte. Alles auf neuestem technischen Stand und nicht mal geschmacklos – bravissimo! Gerne hätte ich auch das Interieur des Badezimmers begutachtet, doch trotz mehrfacher Betätigung der zahlreichen Schalter tat sich nichts. Da das Badezimmer fensterlos war, tappte ich im völligen Dunkel. Die Zeit, meine Stirnlampe aus dem Gepäck zu kramen fehlte, denn ich musste. Und zwar dringend. Alles mögliche. Der Druck war so gross, dass ich in meiner Verzweiflung den Sicherungskasten anfiel um die vielen Schalter nacheinander in die andere Richtung zu kippen. Und siehe da: es ward Licht, und ich sah, dass es gut war. Als ich nach einem kurzen Abstecher bei meinem Zimmernachbarn wieder zurück wollte, um meine Jacke zu holen, steckte ich das Kärtchen in den Schlitz, aber es tat sich – nichts! Kein Sesam öffne dich, kein Summen war zu hören, kein Diodenlämpchen blinkte auf. Va fan culo!

Offensichtlich hatte ich mit meiner Handarbeit an den Sicherungen den Automatismus lahmgelegt und mich damit ausgesperrt. Ein hübscher, junger Mann von der Rezeption verstand sofort meine Hand- und Fusskonversation und schloss mit einem richtigen Schlüssel die Türe auf, was mich ziemlich beruhigte. Auf handfeste Mechanik ist doch meistens Verlass, während das elektronische Zeugs eher störanfällig ist. Ich erfuhr dann, wie man ohne Sicherungen zur Erleuchtung gelangt. Es gab auch im Zimmer einen Schlitz für die alles regelnde Karte. Man musste nur wissen wo.

Vier Tage dann auf italienischen Bergen rumgestapft, zwei davon mehr gerutscht und das überwiegend im Regen. Das Komische war, dass der Regen nur beim frühstücklichen Blick aus dem Fenster Grauen einflösste. Sobald wir die Alternative “Wandern durch Kneipen, Kirchen und Kaufhäuser in Mailand” verbal vernichtet hatten, streiften wir stumm aber gehorsam die Ganzkörperkondome über und stürzten uns punkt 9 Uhr unerschrocken diszipliniert ins bergige Nass. Jürgen hatte uns voll im Griff. Keiner empfand wohl richtig Freude, aber keiner klagte. Nicht dass wir Masochisten wären! Neinein. Wir haben durchaus Spass an schönen Dingen. Aber der Weg war nunmal das Ziel. Oom.

Dabei hatte ich soo lange gegoogelt, bis ich eine Motivations-Wetterkarte mit ein paar Sonnenstrahlen an allen 4 Tagen gefunden hatte. Immerhin waren da abends noch die trockenen Grotti mit den vielversprechenden Speisekarten. Die Wahrscheinlichkeit, dort zu bekommen, was wir zuvor gewünscht hatten, war ähnlich gering wie bei Google schönes Wetter zu finden. Die Sonne ging aber auf, wenn der Inhalt des Tellers mit den kulinarischen Bedürfnissen übereinstimmte.
Nach 2 Tagen liess sich die wahre Sonne nicht mehr verleugnen. Zurück vom Berg, brachte die flotte Bedienung im typisch italienischen Strassencafe am belebten Marktplatz in Chiavenna mit dem Cafe Latte auch gleich das vita italiana. Die mediterran wärmenden Sonne lud ein zum sonnenbrillenverbrämten Public viewing auf italienisch.
“Das könnte hier doch eigentlich auch in irgendeiner schwäbischen Kleinstadt sein”  Peng!
Mit unwiderstehlich deutschem Charme raubte mir mein Tischnachbar Günter die Illusion vom typischen dolce vita italiana, mehrere quarto Rosso della casa am Abend brachten dann auch ihm das italienische Lebensgefühl näher.

Doch all das ist Schnee von gestern, so wie die 3 Meter hohen Schneewände, durch die der Splügenpass bei der Hinfahrt gefräst war.  Zurück ins graue Schweizerwetter nahmen wir den Maloja, dort hatte es nur ein wenig Schneetreiben.