Unser Bergziel war der zwischen Toggenburg und Walensee aufragende Gipfel des 1950 m hohen Speer, dem höchsten Nagelfluhbergs Europas.
Nagelfluh: in wesentlich früheren Epochen der Erdgeschichte durch Erosion entstandene Flusskiesel wurden durch Silikate unter dem Druck später sedimentierter Schichten zusammengebacken und bilden den sog. Nagelfluh. Kennzeichen ist die waschbetonartige Zusammensetzung.
Auf mehreren Routen gelangt man dort hin, unsere sollte der Kletterweg über die Nordwestrippe sein. Vom Parkplatz „Mittler Wengi“ stiegen wir über die Obere Rossalp ste
il bergan bis zum Kettersteig-Einstieg auf 1730 m. Da es letzte Woche nochmal kräftig geschneit hatte, mussten wir dabei einige Schneefelder überqueren.
Am Kletterweg angekommen, zeigte sich der Einstieg schwieriger als gedacht. Der Fels war schneebedeckt und schlüpfrig, ein paar Meter bis zum Drahtseil ausserdem ziemlich ausgesetzt und ungesichert. Wir zogen es vor, erst mal Pause für’s zweite Frühstück einzulegen und einem unerschrockenen Bergburschen beim Abstieg durch die Felsen zuzuschauen.
Unten angekommen, schilderte er uns die Beschaffenheit des Weges als äusserst riskant und er riet uns als erfahrener Alpinist davon ab, den Steig ungesichert zu gehen.
Kein Problem für uns, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Somit trat dann Plan B in Kraft, der hiess „null Plan“. Die Karte lag noch in der Kommode zuhause, da entschieden wir von Wegweiser zu Wegweiser die folgende Route, immer unsere rechtzeitige Rückkehr im Auge, denn wir wollten ja restaur
iert und gestärkt pünktlich zu Jazz-Downtown wieder in Konstanz sein.
Es gibt seltene Tage im Leben, an denen passiert eigentlich nichts Ungewöhnliches, und doch unterscheiden sie sich bei genauerem Hinsehen durch kleine, feine Details von gewöhnlichen Tagen und schmuggeln sich als kostbare Perlen zwischen die eintönigen Strasssteine der Altages-Kette des Lebens. Gestern war wieder so ein Glückstag. Der Himmel war blauer, die Luft war frischer und der Berg erhabener. Das Wasser stürzte sich kristallklar, kraftvoll und übermütig den Fels hinunter, die Frühlingsflora reckte sich voll Neugierde und strotzender Energie durch die teilweise noch braunen Wiesen und selbst die Mücken tanzten verspielt durchdie warme Bergluft.
Es passte einfach alles – was für ein ein wunderbarer Tag!