Unbekannte Berge, unbekannte Seen
Das Val Piora stand schon lange auf meiner Tourenliste, nun schaffte ich es endlich auch zum Lukmanier.
Es war ziemlich ruhig an der Passhöhe, als ich abends dort eintraf.
Einzig die Kühe und der Wind musizierten miteinander, die einen bimmelten mit ihren Glocken und der andere pfiff dazu – ein schönes Konzert.
Nachdem ich mich aufs Ohr gelegt hatte, schien mir der Vollmond ins Gesicht, aber so schön er auch war, wollte ich doch nicht mit ihm flirten und musste meinen Sichtschutz anbringen. Dabei fielen mir zwei reflektierende Augen auf, kurz danach hörte ich ein Keuchen und es huschte ein größeres Wesen an meinem Auto vorbei. Wars ein Fuchs, wars ein Wolf?
Am nächsten Morgen erwachte ich in stürmischer und kalter Stille, die Kühe wurden wohl schon im Morgengrauen zum Melken auf die Alpe di Croce getrieben, es kündigte sich ein schöner Tag an. Zum Glück hatte ich schon heißen Kaffee parat in der Thermoskanne und konnte nach dem Petit Dejeuner gleich lostraben.
Auf dem steinigen Weg zum Passo Dell’Uomo gibt es eine Abzweigung, die zur Cadlimo-Hütte führt. Vielleicht eine gute Alternative zum nördlichen und beschwerlichen Zustieg vom Bornengopass, den wir vor Jahren mal machten. Von diesem Weg kamen mir 3 buddhistische Mönche entgegen. Ich glaubte erst an eine Fata Morgana. Doch sie waren aus Fleisch und Blut und erzählten, sie kämen aus Indien und hätten in der Capanna Cadlimo übernachtet. Eine schöne Morgen-Begegnung!
Sehr viel andere Menschen begegneten mir an diesem Tag nicht mehr, nur an der Capanna Cadagno, am gleichnamigen See, tummelten sich einige, die vom Ritomsee heraufkamen.
Der Lago di Cadagno liegt im landschaftlich reizvollen Val Piora auf rund 2000 Metern Höhe, in einer von Gletschern geformten Landschaft mit knapp 50 Seen und Teichen, fast 60 Bächen, 15 kleinen Mooren und einigen idyllischen Alpweilern.
Das Besondere am See ist, dass er aus drei speziellen Schichten besteht, die sich nie durchmischen, in der Fachsprache heißt das geogene Meromixis. Im ganzen Alpenbogen ist der Lago di Cadagno der einzige See, der dieses seltene Phänomen zeigt, nur in Sizilien und in Sibirien sind derzeit noch solche Seen bekannt.
Am Rückweg entschied ich mich für eine Wegvariante, die zum Passo delle Colombe führt. Eigentlich waren die Füße schon platt, aber die Neugier trieb mich weiter, wollte ich doch mal einen Blick ins Val Blenio werfen und schauen, wie der Wegverlauf dort hinunter ist. Angefeuert wurde ich von den Pfiffen der Murmeltiere, die sich zu meiner Freude auch unbeirrt fotografieren ließen. Belohnt wurde ich durch eine grandiose Landschaft mit Hochmooren, uralten Steinen, kleinen Schluchten und dem Pizzo Colombe o Campanitt. Ein faszinierender Berg, seine Farbe änderte sich je nach Lichteinfall. Das Gestein zeugt vom hohen Alter dieser Gegend zwischen Passo delle Colombe und Passo del Sole.
Der doppelte Name kommt von den im Verlauf unzähliger Jahre erodierter Dolomit-Nadeln, bizarre Säulen aus blendendweißem Gestein: sie werden im Valle di Blenio „Campanitt“ (Gloggentürmli) genannt, in der Leventina heißen sie „Columbe“ (Tauben).
Endlich am Pass und Lei di Campanitt angekommen, traf ich auf 3 junge Camper mit Pudel, die grade ihr Abendessen kochten.
Der Schlenker hier rauf hatte sich mehr als gelohnt!
Was für ein wunderbarer Tag! Ich tauchte in eine mir bisher unbekannte Bergwelt ein und das für ganze 10 Stunden.
Fotografieren, im Gras liegen, mit dem einen und der anderen plaudern, die Munggen etwas aufmischen und immer weiter wandern, ich konnte gar nicht mehr aufhören, so schön war es. Die Füße maulten am Ende zurecht, nach 23 km und 900 Höhenmetern.








































